Phase zwei: Verneinung der Werktätigkeit

Der Owner probt die wundersame Mitarbeiterverdopplung, was zur Folge hat, dass die Tackerqueens (Kollege T. und ich) nie vor 20 Uhr aus der Werkstatt kommen. Selbst die heilige Morgenmüßigkeit ist gestern gefallen und wir waren wie normale Werktätige schon um acht (statt üblich neun-Uhr-X) auf der Arbeit.

Beim Treffpunkt Lieselottenstraße in der Kreisstadt H. saßen wir ein paar Minuten auf einer Mauer und schwätzten – eilig haben wir es ja nicht – und ich eröffnete T.: „Nun sehe ich die Welt mit anderen Augen. Um halb acht ist diese Welt nämlich anders als um halb neun. Ein Gemetzel! Schulbusse, Schulkinder, Autos mit nur einem Fahrer, alle streben in die selbe Richtung hin zur großen selben Firma. Es herrscht Krieg. Die Menschen sind wahnsinnig oder stumpf oder einfach nur müde. Vielen graut es vor der Arbeit, weil sie ein scheiß Betriebsklima haben oder von den Kollegen gemobbt werden oder Kollegen mobben müssen. Nee, keine gute Stimmung, ich fühl‘ sowas.“ Weiters fabulierte ich einen Spruch, mit dem ich mich negativ über diese Werktätigen äußerte wie sie täglich hin und her hetzen – „ein Hamsterrad“, sagte ich.

„Deine Logik hat aber einen Fehler,“ grinste T., “ du bist Werktätiger.“

2 Antworten auf „Phase zwei: Verneinung der Werktätigkeit“

  1. manchmal denke ich, ich habe sehnsucht nach diesem werktätigen normalsein. aber dann merke ich, dass es nur die sehnsucht nach der fähigkeit ist, jeden tag 8 stunden arbeiten zu können. und dann die vorstellung, das selbstbestimmt zu tun…. sicher, dann kämen andere zwänge – die zwänge des erfolgs. aus jetziger perspektive könnte ich mich mit denen sogar anfreunden.

    lieber irgend, deine beobachtungen des tackerqueentums machen spaß – ich wünsche dir, dass der bei dir selber bei all deinen aktivitäten nicht abhanden kommt – und auch den spaß am erfolg der kommenden kulturelleln highlights…

    herzliche grüße aus der hauptstadt
    frau f.

  2. Tackern. Rackern. Tackeratack. Und schon kommt der Wahnsinn. Umso tiefer man in gesellschaftliche Routine eintaucht, umso mehr wird man sich der ständigen Prozedur bewusst. Auf dem Weg zur Arbeit, auf der Arbeit, von der Arbeit zurück, dann wieder auf dem Weg. Und immer im Eilschritt. Immer Tackern, damit nichts verloren geht. Ausser vielleicht die Unübersichtlichkeit. Und das Hamsterrad dreht sich weiter. Und weiter. Und der einzige Moment, in dem man sich aus dem Rad hinaus bewegt, gilt dem Gedanken:
    „Was für ein schöner Käfig das hier draußen doch ist.“

    Viele Grüße an jemanden mit Gedankenverwandtschaft
    Peter Thiers

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