Arbeit ist Barbarei – oder wie die Tackerqueens Lehrling B.s Wochenende defragmentieren

Das war Montagfrüh in den unendlichen Tiefen des Lagers beim großen Eventagenten, welcher mein Owner ist: Lehrling B., der sich besonders auszeichnet, dass er die dreckigsten, gefährlichsten und schwersten Arbeiten mit Bravour erledigt, kommt von einer 72-Stunden-Schicht zurück; solche Augen, und die Anmut eines Zombies. Kollege T. und ich grüßen flötend um Neun, denn wir sind die Tackerqueens und müssen nicht so oft 72-Stunden-Schichten schieben (die Lohntackerei ist ein Job wie jeder andere auch, aber echte Eventlehrlinge spüren schon von Anfang an die Härte des Geschäfts; all die Nachtschichten und versoffenen Stadtfeste, auf denen sie erst als Letzte, stocknüchtern unter Schwerstarbeit nach Hause dürfen). T. machte irgendeine Bemerkung zum Wochenende: „Na, wie war dein Wochenende?“ Worauf B. antwortete: „Wochenende, was ist das?“ (In der Tat hatte B. in den zwei Monaten, die ich in der Tackerwerkstatt arbeite erst ein Wochenende frei.) Später smalltalkten wir in der Tackerwerkstatt und entlocken dem total übermüdeten B. doch tatsächlich ein Lächeln. Beherzt sagte er: „War doch schön, diese fünf Minuten Wochenende.“ Der Mann hat einfach Humor. Tackerhumor.

Auf dem mantrischen Weg zur Arbeit heute Morgen sinnierten T. und ich über die Wochenenden von Eventmanagern und dass es diese Wochenenden womöglich gar nicht gibt. „Nee, das stimmt nicht“, sagte T., „es gibt sie schon, aber sie sind wie die Festplatte eines Windows-Systems. Man müsste sie defragmentieren. B. hat hier mal fünf Minuten Wochenende, wenn er mit uns in der Tackerwerkstatt scherzt, und da mal ein Bisschen, wenn er auf dem Nachhauseweg aus S.-Ville eine Stunde auf dem Rücksitz im Truck schläft.“

Ach, und der Einsatz in S.-Ville beim großen Autokonzern!

T. und ich waren als Joker verdingt und alles sollte nach Plan laufen, der Abbau, das Verpacken unserer schönen Loungemöbel und all das Getummel, so hatte es sich der Owner vorgestellt, aber bei solch großen Events läuft es nie nach Plan. Im Convoi mit Sattelzügen und Anhängern haben wir das Nachbarland F. verlassen wie einst die Grande Armee Russland. Nun hocken T. und ich auf vierhundert ruinierten Möbeln (alle waren neu), denn die Belegschaft des großen Autokonzerns hat sich während des exzessiven Fests zum Bau des Millionsten S.-Autos benommen wie eine Herde Hunnen. Dies bedeutete den Niedergang des Tackertums: die Tacker stehen seit Montag still und T. und ich versuchen mit schärfsten Putzmitteln das eine oder andere Möbel zu retten. Vermutlich werden wir nächsten Dienstag mit dieser Arbeit fertig. (In dieser Zeit würden wir ungefähr200 Stück neu bauen!)

Ohja, meine Lieben, dieser Beitrag beschreibt den Aufstieg und Fall einer Tackerqueen.

Ich bin nichts weiter, als die billige Putze in einem unbekannten Schmieren-Weblog.

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