Schnappschüsse am Rande des Wegs

Lustigerweise habe ich mal wieder über den Weg nachgedacht, vielmehr, Künstlerin S. hat mich darauf gebracht. Wir radelten der Sonne entgegen und wähnten uns schon fast in Frankreich, da packte sie in einer Pause ihr Notizbuch aus und kritzelte komisches Zeug hinein. „Was fällt dir zum Thema Weg ein?“ fragte sie und starrte mich durchbohrend an.

„Weg-Werfgesellschaft“, sagte ich. Da hörte sie auf zu bohren und lachte. „Finnegans Weg“ fügte ich hinzu. „Ah, du liest Joyce,“ sagte sie. „Nee, ich nehme nur hie und da etwas Wissen mit, das nutzlos am Wakerand liegt,“ konterte ich, „mal im Ernst, Joyce lesen macht keine Freude, dann schon eher Flann O’Brien, der ist witzig.“

Sie outete sich als Anglistin und gestand, dass sie mit Ulysses im Original doch ein wenig Schwierigkeiten habe.

„Mach dir des-Weg-en doch keinen Kopp,“ scherzte ich.

Sie redete von Sackgassen und Irrwegen und Ausweglosigkeit, ich erheiterte sie mit Kreisverkehren, Geh-Weg-Schäden und erzählte die Geschichte, die ich glaube ich auch schon hier gebloggt habe, von der verlassenen Kreuzung in der Extremadura, an der es für einen Tramper partout kein Weiterkommen gibt.

Und so ging die Radeltour entlang des alten Bahndamms, naja, mehr saßen wir im Schatten und redeten den o.G. Quatsch.

Das war Samstag. Unser Haar wehte im Wind. So hätte das gerne weitergehen können bis weit in den Süden.

Sex

p7070846.JPG Merke: wenn dir manchmal etwas komisch erscheint an einer Website, hilft oft eine Speicherlöschung des Browsers. Das Sexbild ist nur ein Test.

… schickt mich da raus zum Brennen …

… kann einem ja nur recht sein, aus seinem unstrukturierten Tag erlöst zu werden. Gerade quälte ich mich mit einer Header-Grafik für eine Homepage, dreiteilig sollte sie sein und das Unternehmen zeigen, sowie dessen Umgebung, puh und da saug dir mal was aus den Fingern. Da rief Journalist F. an, Hilfe, Not! Er braucht einen freischaffenden Kulturamtsmitarbeiter zur Repräsentation des Städtchen S. auf einer Messe. Wann? Sofort. Also ist Rasieren angesagt und Duschen und Schönschniegeln des Körpers. So als Repräsentant.

Weniger repräsentativ dürfte der Bericht über ein Folk-Festival sein, den mir kurze Zeit später Redakteurin D. für Morgen antrug. Da kann ich neben der Arbeit noch ein bisschen Irish-Flair genießen, hoffe ich. Und Guinness gratis für die Gitarbeiter der Gresse?

Wie auch immer, sie schicken mich hinaus zum Brennen. Willkommene Anlässe, die Headergrafiken noch ein bisschen schwelen zu lassen.

Man kommt einfach nicht zur Ruhe, wenn man ein Telefon hat und Internetanschluss.

Das Netz der Gewohnheiten

Ein Gedanke kurz nach dem Aufwachen, längst verflogen, doch wirkt er unbewusst. Ich weiß noch, das Wörtchen Gewohnheit kam darin vor. Ich erhob mich, zog das Moskitonetz bei Seite, reckte die Glieder, dachte, „das sollteste aufschreiben.“ Dann kochte ich Kaffee, schaltete den Computer ein, rief Mails ab.

„Irgendetwas wolltest du doch …?“ dachte ich, während der Spam eintrudelte. „Etwas anders machen wolltest du.“ Die Sonne lugte zwischen Wolken. „… ach jaa, radfahren, zuvor ein Stück Baguette mit Marmelade essen, das hast du schon lange nicht mehr gemacht.“ In den jungen Morgen radeln, nur 10 km weit, schien ein verlockender Gedanke. Da arbeitete ich aber längst geschäftliche Mails ab und beobachtete, wie die Dinge in der binären Welt gut im Lot sind, „ein prima Wochenabschluss,“ dachte ich und erfreute mich des Tages.

Beim zweiten Kaffee kamen die Traumfetzen wieder in den Sinn: „Was war das noch mit den Gewohnheiten, was dich offensichtlich die Nacht über beschäftigt hat? Dass man sich als Mensch zunehmend in ein Netz aus Gewohnheiten verstrickt?“ Ja, so ähnlich. Nur war es kurz nach dem Aufwachen so prägnant formuliert, dass ich dachte, „das ist gut, das kann jeder verstehen,“ ein Stück Alltagslyrik balanciert auf dem dünnen Eis des neuen Tags.

Profan könnte man also festhalten: der Mensch verstrickt sich im Laufe seines Lebens mehr und mehr in Gewohnheiten. Diese Gewohnheiten sind das Schienennetz, auf dem die Dampflok seines Daseins dahin brettert. Stets geschäftig, unaufhaltsam bis zum finalen Poller.

Wer kann sagen, dass der Linienplan gut so ist, wie er ist?

Die Zweifel am eigenen Lebenskonstrukt und ob es gesund ist oder eher nicht, schwingen mit.

„Du solltest etwas ändern,“ habe ich am gestrigen Abend gedacht, „fang‘ gleich morgen früh damit an. Frühsport zum Beispiel, das erhellt das Gemüt, entspannt den Körper, mein Gott, nur eine Stunde, das ist doch nicht so schlimm.“

Nun, da ich hier sitze, hat sich nichts geändert. Alles läuft in gewohnten Bahnen. Bin ich zu bequem? ist es das Alter? – Ach hör‘ doch auf mit dem Alter, immer wird alles aufs Alter geschoben. Dass man nicht mehr so flexibel ist ganz besonders.

Komischerweise redete ich just gestern Nachmittag mit den P.s darüber: warum man nicht einfach mal zwei drei Wochen wegfährt irgendwohin, wo man noch nie war. Es sind die Termine und das gesellschaftliche Konstrukt, das wir uns geschaffen haben, was uns daran hindert.

Ich glaube, so funktioniert auf-der-Stelle-treten: du könntest ja (zum Beispiel) nach Süden radeln, aber das dauert zwei Wochen mindestens. Nächste Woche ist aber dies zu erledigen oder jenes und da kannste ja nicht wirklich weg. Die Tage bis dahin vergehen im Flug und ohne, dass Nennenswertes passiert, außer dass du auf den fest verlegten Schienen deiner Gewohnheit dahin dampfst.

Hinterher kann man meist sagen, siehste, die Zeit hätte doch gereicht und gut getan hätte es sowieso, mal wieder Draußen gewesen zu sein.